Sprecher
Beschreibung
Die Arbeitsgruppe Teacher Educators as Professionals (TEaP) hat sich 2015 konstituiert und besteht aus Professor:innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen der schulfremdsprachlichen Fachdidaktiken. Die Gruppe arbeitet autoethnografisch im Sinne der community autoethnography (vgl. Toyosaki et al. 2009) und trifft sich als community of practice in regelmäßigen Abständen. Erkenntnisinteresse ist die Identifikation von sowie die Auseinandersetzung mit (möglicherweise) spezifischen Elementen professioneller Identität und Rollen universitärer Lehrerbildner:innen (vgl. Kraler 2015) der fremdsprachlichen Fächer (vgl. Barkhuizen 2021) in strukturtheoretischer und biografischer Orientierung (vgl. Terhart 2011). Aktuell werden Forschungsdesiderate im Bereich biografischer Zugriffe (z.B. Terhart 2021; Wolf et al. 2021: 26) und entsprechender Empirie formuliert, welche die fachdisziplinäre Gewordenheit und deren Bedeutsamkeit für die lehrkräftebildnerische Praxis ins Blickfeld rückt. Eine Forschungslücke besteht hier generell für nicht-naturwissenschaftliche Domänen und für die (fremd-)sprachlichen Fächer im Besonderen. Auf diese Desiderate können die Arbeiten von TEaP produktiv reagieren: Fachlichkeit und Biografie bildeten von Beginn an das zentrale Erkenntnisinteresse. Die in der Arbeit der Gruppe entstandenen empirischen Materialien können dazu beitragen, wiederholt aufgeworfene Fragen nach den Unterschieden der im Feld Agierenden nach Fächern oder Lehrtypen sowie der Verwobenheit von Biografie und Disziplin (vgl. Wolf et al. 2021: 6) auszudifferenzieren. Die empirischen Materialien von TEaP sind dem Ansatz entsprechend autobiografische Essays, die entlang von Leitfragen aus einem Entwurf für Entwicklungsaufgaben des Lehrberufs (Hericks & Kunze 2002) formuliert wurden. Die Texte wurden in Kleingruppen kommentiert, weitergeschrieben und kodierend interpretativ ausgewertet. Dabei verdichteten sich in unseren Aushandlungen machtkritische Perspektiven als zentrale Lesart. Weitere Texte wurden in Diskussionen und Arbeitsgruppentreffen als Poster (Breidbach & Schultze o.J.) und in Tagungsbeträgen produziert (Abendroth-Timmer et al. 2022 und 2022a). Das Erzählcafé soll Gelegenheit bieten, über Biografien von Lehrkräftebildner:innen ins Gespräch zu kommen und die Arbeit von TEaP weiter und neu – auch interdisziplinär – zu perspektivieren. Vorschlagen möchten wir dafür folgende Struktur: Nach einer kurzen Präsentation des Anliegens, der Genese sowie des forschungsmethodologischen Ansatzes der Arbeitsgruppe kommentieren die Teilnehmenden von TEaP ausgewählte Vignetten aus der Empirie des Projekts in rückblickender Perspektive und reflektieren eigene Veränderungen, die im Kontext der inzwischen langjährigen Arbeit beobachtet wurden. Problematisiert wird dabei die Schwierigkeit der biografischen ‚Rückschau‘ auf einen Prozess, der durch die Arbeit in TEaP unmittelbar beeinflusst war. In forschungsmethodischer Hinsicht interessiert uns die Frage der Repräsentation unserer Diskussionsverläufe und Ergebnisse in wissenschaftlichen Texten. Wir fragen, wie die Vielstimmigkeit repräsentiert werden kann, ohne sie durch eine – durch unsere eigene Beteiligtheit unmögliche – Metasicht oder eine ‚allwissende Erzählstimme‘ zu nivellieren. Dies ist verbunden mit dem von Wilkesmann (2016: 39f.) im Kontext der Hochschulforschung beobachteten Problem der Selbstobjektivierung zum einen und zum anderen mit der Frage nach Möglichkeiten der Verschriftlichung empirischen Materials, das zudem nicht immer „datenförmig“ (Breidenstein et al. 2015: 115) vorliegt, also Erfahrungs- und Prozesscharakter aufweist, mündlich und flüchtig ist. Im Zentrum steht der Versuch, Verbindendes zwischen den Mitgliedern der Arbeitsgruppe zu abstrahieren und gleichzeitig Unterschiede von Akteur:innen eines Feldes, das zunächst homogen erscheint, zu beschreiben. In diesem Sinne setzen wir uns zentral mit der Fachlichkeit auseinander: diese „rahmt“ uns einerseits vor allem institutionell, andererseits wird sie jedoch in hohem Maße unterschiedlich – eben durch vielfältige fachdisziplinäre Einsozialisierungen (vgl. Terhart 2021: 27) – rekonstruiert. Unser Anliegen ist die Diskussion um die innere Heterogenität und die hier wirksamen Differenzlinien innerhalb einer Gruppe von Lehrkräftebildner:innen, deren Mitglieder sich der Critical language teacher education zugehörig fühlen (vgl. Akbari 2008; Bonnet/Hericks 2020), sich in machtkritischer Haltung, anti-szientistischem Wissenschaftsbegriff sowie Differenzsensibilität ähneln und ähnliche Fragen an sich stellen wie sie Terhart (2021: 31) mit seiner Skizze eines neuen Typus von Lehrerbildner:innen umreißt. Die am Erzählcafé Teilnehmenden sind eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen und auch eigene Vignetten – in mündlicher oder schriftlicher Form – mitzubringen, denen sie selbst eine Bedeutung für ihre Identität oder Rolle(n) als Lehrkräftebildner:innen beimessen. Dabei interessieren wir uns für Perspektivierungen weiterer Akteur:innen des Feldes (vgl. Schrittesser 2020: 844), beispielsweise der zweiten Phase, der Schulpraxis oder behördlicher Institutionen, sowie für die Perspektive universitärer Kolleg:innen anderer Fächer und Disziplinen.
Literatur Abendroth-Timmer, D. et al. (2022): „Professionalität von universitären Lehrkräftebildner:innen als fachdisziplinärer Entwicklungsbereich“. In: Wilden, E. et al. (Hrsg.): Standortbestimmungen in der Fremdsprachenforschung. Hohengehren/Bielefeld: Schneider bei wbv, 327-31. Abendroth-Timmer, D. et al. (2022a): „Kollaborative Biografiearbeit in der Lehrkräftebildung: Implikationen eines Forschungsprojekts von Lehrkräftebildner.innen für die universitäre fremdsprachendidaktische Lehre.“ Tagungsbeitrag zur Professionstagung an der Bergischen Universität Wuppertal am 13. September 2022. Akbari, R. (2008): Transforming lives: introducing critical pedagogy into ELT classrooms. ELT Journal 62(3), S. 276-283. Barkhuizen, G. (2021): Language Teacher Educator Identity. Cambridge: CUP Bonnet, A./Hericks, U. (2020): „Fremdsprachendidaktik pädagogisch denken – oder: Was ein Staatsanwalt mit Englischunterricht zu tun hat.“ In: Gerlach, D. (Hrsg.). Kritische Fremdsprachendidaktik: Grundlagen, Ziele, Beispiele. Tübingen: Narr, 165–180. Breidenstein, G.; Hirschauer, S.; Kalthoff, H. & Nieswand, B. (2015): Ethnographie. Die Praxis der Feldforschung (2. Aufl.). Konstanz, München: UTB. Ellis, C. et al. (2010): „Autoethnografie“. In: G. Mey/ K. Mruck (Hrsg.): Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. Wiesbaden: VS, 345-357. Hericks, U./Kunze, I. (2002): „Entwicklungsaufgaben von Lehramtsstudierenden, Referendaren und Berufseinsteigern. Ein Beitrag zur Professionalisierungsforschung“, Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 5(3), 401-416. doi:10.1007/s11618-002-0058-y. Kraler, C. (2015). Wer bin ich? Zur Berufsbiografie von „LehrerbildnerInnen“. Journal für LehrerInnenbildung 15(2), 22-32. Schrittesser, I. (2020). Qualifikationswege Dozierender in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. In: C. Cramer, J. König, M. Rothland & S. Blömeke (Hrsg.): Handbuch Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 843–850. https://doi.org/10.35468/hblb2020-104 Breidbach, S. & Schultze, K. (o.J.): “Teacher Educators as Professionals”. Netzwerk fremdsprachliche Lehrer_innenbildung (NfLB). https://fremdsprachlichelehrerbildung.org/teacher-educators-as-professionals-teap/ Terhart, E. (2011): Lehrerberuf und Professionalität. Gewandeltes Begriffsverständnis – neue Herausforderungen. In: W. Helsper et al. (Hrsg.): Pädagogische Professionalität. Weinheim: Beltz, 202-224. Terhart, E. (2021): „Lehrerbildner“ – auf der Suche nach einer verlorenen Profession: Allgemeines und Persönliches. PraxisForschungLehrer:innenBildung. Zeitschrift für Schul- und Professionsentwicklung 3(5), 26-37. https://doi.org/10.11576/pflb-4775 Toyosaki, S. et al. (2009). “Community Autoethnography: Compiling the Personal and Resituating Whiteness.” Cultural Studies ↔ Critical Methodologies 9:1, February 2009: 56-83. Wilkesmann, U. (2019): Methoden der Hochschulforschung. Eine methodische, erkenntnis- und organisationstheoretische Einführung. Weinheim: Beltz Juventa. Wolf, E., Schwier, V., Schweitzer, J., Goerigk, P., & Bekemeier, K. (2021): Selbstdeutung, Positionierung & Rollenfindung: Zum Selbst in der universitären Lehrer:innenbildung. Eine Einleitung in das Thema, editorische Notizen und Lesehinweise. PraxisForschungLehrer:innenBildung 3(5), 1–7. https://doi.org/10.11576/pflb-4840